Endlich! werden einige Leser sagen, es ist schon längst überfällig , dass eine Frau über sich erzählt.
Mir war es eine Ehre mit Christiane Maier-Stadtherr eine Joomla!-Fachfrau interviewen zu dürfen.
Wir präsentieren euch heute das bisher längste Interview unserer Reihe und erfahren so einiges von Christianes Anfängen mit Joomla!, ihren ehrenamtlichen Projekten, wie sie ihren Teil bei der Entwicklung von Joomla! 4 leistet und von den Erlebnissen ihrer vielen Communitytreffen in ganz Deutschland. Viel Spaß beim Lesen!

Christiane, stell Dich doch bitte kurz einmal vor?
Ich bin Christiane Maier-Stadtherr, Münchnerin und durch und durch bayrisch.
Nach dem Abitur musste ich mich für ein Studium entscheiden, und da damals noch niemand wusste was dieses Informatik ist … irgendwas mit Computer und Sprachen? .. entschied ich mich dafür. Diese Neugier ist mir geblieben und treibt mich immer noch an. Bis vor 10 Jahren war ich im Bereich Software Engineering angestellt und hatte mit Webseiten nur am Rande und privat zu tun. Inzwischen bin ich in einem recht unruhigen Ruhestand und nebenher selbständig als Webentwickler / Freelancer tätig.

Wie bist Du das erste Mal auf Joomla! aufmerksam geworden?
Ich engagiere mich in einem Verein, der sich für Behinderte einsetzt. Als das Internet geboren wurde und es die ersten Homepages gab, entwickelte ich privat eine Website für meinen Verein. Daraus wurde dann ein kleines selbstentwickeltes Content Management System auf PHP und MySQL Basis. Nach einigen Jahren kamen dann Content Management Systeme auf den Markt. Joomla war mir von Anfang an sympathisch und ich arbeitete mich dort ein.

Wie und wo setzt Du Joomla! ein?
Für alle Webseiten, die ich privat oder beruflich mache und die ein CMS benötigen. Es gibt nämlich viele Seiten, die man ruhig ohne CMS entwickeln kann! Eine kleine Arzt-Seite, auf der sich nur alle paar Monate mal die Sprechstunde ändert, lässt sich einfach, günstig, wartungsfrei und ohne Sicherheitsrisiko direkt mit HTML und CSS erstellen. Wenn aber ein CMS gebraucht wird – gibt’s für mich nichts anderes als Joomla.

Was ist das Besondere von Joomla! für Dich?
Persönlich ist es die Community. Ich habe hier sehr viel Hilfe erfahren und auch privat Freunde gefunden. Fachlich ist Joomla eine hervorragende Basis, um selbst Erweiterungen zu schreiben, egal ob als Zweizeiler-Plugin oder riesige Komponente, ein Template oder ein Template-Override. Ich kam bei Version 1.6 zu Joomla, also gerade in einer Zeit des Umbruchs, als das Framework neu gebaut wurde. Mit zwei Kollegen, die ich in einem Joomla-Forum kennen gelernt hatte, schrieb ich ein Buch über das Programmieren von Erweiterungen, das hoffentlich vielen Entwicklern eine Starthilfe gegeben hat. Das Besondere an Joomla ist dieses Framework, das es Programmierern ermöglicht, praktisch alles zu erweitern und zwar auf eine Art, die allen Ansprüchen an Softwarequalität genügt. Hier braucht man nicht „frickeln“, um eine Lösung zu programmieren.

Du bist ja in einer JUG organisiert. Welche Gruppe ist das? Wie oft trefft ihr euch und was geht da so ab?
Ich bin in der JUG München – seit dem allerersten Treffen. Wir kommen mindestens einmal im Monat in einem urigen Münchner Wirtshaus zusammen. Wir essen, quatschen über alles – und wer will hält dann einen kurzen Vortrag. Jeder kann seine Projekte vorstellen, zeigen, was er herausgefunden hat oder sich bei Problemen helfen lassen. So knüpfen wir Kontakte, finden auch private Freundschaften. Besonders unsere Workshops, die vier Mal im Jahr stattfinden, sind exzellent – hier bekommen wir Wissen kompakt angeboten.

Welche Veranstaltungen oder Community Treffen hast Du schon besucht? Gibt’s eine besondere Geschichte von so einem Event?
Ich war seit dem ersten Mal (in Hamburg) fast bei allen JoomlaDays in Deutschland und Österreich. Eine sehr gute Gelegenheit, die Kollegen einmal real und nicht nur virtuell kennen zu lernen. Inzwischen sind fast schon Familientreffen und seit einigen Jahren bin ich auch immer gerne als Sprecherin dabei. Meine Themen sind dabei vorzugsweise das barrierefreie Web und Programmierthemen.
Ich habe nicht vergessen, welche Probleme ich als Anfänger mit dem Joomla Framework hatte und gebe diese Erfahrungen gerne weiter.
Besondere Geschichten gibt es von jedem Event – da kann ich nur jedem raten, einfach hinzukommen und es zu erleben.

Welche Erweiterung, Modul oder Plugin sollte Deiner Meinung nach in den Joomla! Core eingebunden werden?
Ich würde eher sagen, dass einige Erweiterungen aus dem Core herausgelöst werden und so wie die Komponente Weblinks als externe Erweiterung gepflegt werden sollten. Das würde den Core etwas schlanker machen. Die Komponente Banner zum Beispiel. Oder einige Module – eigentlich ziemlich viele!

Auf der Website www.volunteers.joomla.org habe ich Dich bei den „Joomler“ gefunden. Wie bist du da reingekommen und was machst du da?
Hineingekommen bin ich eher unbeabsichtigt. Einer der Kollegen hat mich gefragt ob ich nicht an den Landing pages der Version 3.7 mitarbeiten könnte? Das war der erste Schritt und hat eine Lawine losgetreten. Es werden ja immer helfende Hände gebraucht, und zwar überall. Ich habe bei der Erstellung von Landingpages und bei Übersetzungen mitgemacht, war und bin als Moderatorin in diversen Joomla Foren tätig, übersetze auch gelegentlich in der Joomla-Dokumentation.

Arbeitest Du an der Entwicklung von Joomla! 4 mit?
Ja, ich bin an vielen Stellen beteiligt. Es macht mir großen Spaß, da mitzumischen. Wenn ich bedenke, welche Ehrfurcht ich anfangs vor den Entwicklern hatte! Zunächst mal bin ich beim Projekt „Publishing Workflow“ beteiligt, das in Version 4 herauskommt. Es ermöglicht die Definition von Arbeitsabläufen, also wie ein Artikel von einem Bearbeiter zum anderen weitergereicht werden kann, bis er am Ende veröffentlicht ist. Das wird richtig gut und das gibt es sonst nirgends. Ich bin auch in einer Gruppe, die das neue Backend Template für die Version 4.0 nun nochmal überarbeitet, außerdem im Accessibility Team und als Mentor beim Google Summer of Code (GSoC).

Thema Barrierefreiheit. Ist Joomla nun barrierefrei oder nicht?
In der jetzigen Version 3.9 ist Joomla nicht wirklich barrierefrei. Aber für Version 4 arbeiten wir intensiv daran. Die Barrierefreiheit ist ein sehr weites Feld! Wir werden erreichen, dass Joomla im Backend und Frontend die AA-Konformität bekommt.
Das ist bisher nur mit großem Aufwand und vielen Overrides zu erreichen. Ab Version 4 ist es dann einfach da – dann können auch Blinde mittels Screenreader oder Gelähmte mittels der Tastatur richtig mit Joomla arbeiten - vorausgesetzt, die eingesetzten Erweiterungen sind auch barrierefrei! Das wird noch eine Herausforderung!
Die Barrierefreiheit ist vor allem für Web Designer und Agenturen interessant, denn damit können sie sich für Aufträge öffentlicher Stellen bewerben, ohne dass sie zusätzlichen Aufwand dafür betreiben müssen.

Was war Dein schönstes Erlebnis mit Joomla! und oder seiner Community?
Besonders amüsant war, wie ich zu meinem Moderator-Namen „firstlady“ gekommen bin. Anfangs nannte ich mich „oldlady“, aber fühlte mich dann doch nicht sooo alt. Also bat ich einen Administrator im Forum darum, mich umzubenennen. Er fragte: Welcher Name? Und da ich gerade ein neues System eingerichtet habe wo ich der erste User war (first) sagte ich spontan „firstlady“. Erst als sich jemand über meinen Anspruch auf die Weltherrschaft aufgeregt hat ist mir aufgefallen, dass der Name schon besetzt ist.
Eins der aufregendsten Erlebnisse war jedenfalls, als ich zum ersten Mal Sprecher auf einem Joomladay war. Das war in Hamburg. Ich war so nervös! Aber das Publikum war super und es ging alles gut.
Unvergessen ist auch die Joomla World Conference in Rom, 2017, als die Teilnehmer beim Abendprogramm aus Spaghetti eine Brücke zwischen Tischen bauen sollten.

Hast Du außer mit Joomla! auch mit anderen CMS Erfahrungen gesammelt?
Wenig. Ich habe alle Systeme mal installiert, um zu sehen wie sie programmiert sind und funktionieren. Aber man kann nicht alle Systeme gleich gut kennen, deshalb konzentriere ich mich nur auf Joomla.
Will ein Kunde ein anderes CMS eingesetzt haben, so erkläre ich, dass er von mir mit Joomla das beste Ergebnis bekommt. Das hat bisher noch alle überzeugt.

Was machst Du in deinem „anderen Leben“?
Ich engagiere mich in meinem Verein, der sich für Menschen mit Behinderungen, hauptsächlich für Rollstuhlfahrer einsetzt, und mache deren Homepage auf ehrenamtlicher Basis. Hier setze ich auch ein paar von den Erweiterungen ein, die wir bei Wicked Software programmiert haben.
In meiner spärlichen Freizeit zwischen Verein und Joomla bin ich gerne mit Freunden zusammen und unterwegs, interessiere mich für Archäologie und Ägyptologie, koche gerne (aber selten) und liebe es, mit Freunden zusammen was zu unternehmen – Joomladays, Pizza, Bug and Fun und Workshops zum Beispiel.

Christiane Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!
Es war mir ein Vergnügen!

 

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