Nach einem Sommer 2021 in dem u.a. Joomla! 4 veröffentlicht wurde, haben wir mit einer Frau gesprochen, die daran nicht ganz unbeteiligt war und viel Arbeit in das und viele andere Projekte steckt. Im 2. Interview der 4.Staffel "ZMDJG"  habe ich mich im Januar 2022 mit Sigrid Gramlinger "getroffen" und über ihre „Joomla!-Welt“ gesprochen. Ich habe etwas über ihr Organisationstalent erfahren, bin kurz in die Community in Österreich eingetaucht und habe etwas über ihr Herzensthema gehört.

Wir wünschen Euch beim Lesen des Interviews viel Spaß

Sigrid, stell Dich doch bitte kurz einmal vor?
Nach meinem Wirtschaftspädagogikstudium habe ich zuerst drei Jahre in Hamburg in einem Softwarehaus gearbeitet und ERP-Systeme programmiert. Seit 2004 bin ich selbstständig und seit 2007 sind wir wieder in Österreich. Hier lebe ich seit 2007 mit meiner Familie in Klosterneuburg an der Stadtgrenze zu Wien in Österreich. Meine Firma heißt seit 2011 webgras und ungefähr seit damals habe ich mich auch ausschließlich auf Joomla! spezialisiert. Seit ca. 2 Jahren ist webgras eine richtige Agentur mit mittlerweile 3 angestellten Mitarbeiterinnen, damit ändert sich doch einiges, aber es ist wirklich großartig ein fixes Team zu haben. Aktuell habe ich einen MBA in IT Consultancy begonnen. Weiterbildung ist mir wirklich wichtig und ich hoffe diesen in den nächsten 18 Monaten abzuschließen.

 

Du hast viele Aufgaben rund um das CMS Joomla!, bevor wir darauf zu sprechen kommen, wie bist du das erste Mal mit Joomla! in Kontakt gekommen?
Mein erster großer Webseitenkunde war die oberösterreichische Landesgartenschau 2007 in Vöcklabruck (Ö). Doch auch schon davor habe ich Joomla! ausprobiert und kleinere Webseiten damit umgesetzt. Mit der Joomla! Community bin ich ca. 2012 das erste Mal in Kontakt gekommen. Ich hatte viele Fragen zu Joomla! und war auf der Suche nach einer Weiterbildung oder einem Kurs. Dabei bin ich auf die Ankündigung zum JoomlaDay in Berlin gestoßen und dann einfach hingeflogen. Seither habe ich keinen JoomlaDay Deutschland ausgelassen. Danach fand ich es immer schade, dass es in Österreich keine Community gab, also habe ich es selbst in die Hand genommen und 2014 mit zwei anderen die Joomla! User Group Wien als erste JUG in Österreich gegründet.


Wie und wo setzt du heute Joomla! ein?
Joomla! setze ich für alle unsere Kunden-Projekte ein, von ganz klein bis ganz groß – gerade vor ein paar Wochen ist eine 7-sprachige Website online gegangen. Auch für Online-Shops verwenden wir Joomla! als Basis.

Als Template verwenden wir für neue Projekte fast ausschließlich Yootheme Pro, denn Dynamic Content in Kombination mit Custom Fields ist ein absoluter Game Changer. Das Großartige ist, dass man mit einer
„sauberen“ Einrichtung weiterhin alle Daten in Joomla!-Core-Tabellen/Funktionen hat und nicht im Pagebuilder, daher bleibt hier die Trennung von Struktur, Daten (=Inhalt) und Design aufrecht. D.h. ich könnte jederzeit auch wieder ein anderes Template verwenden. Bei anderen Pagebuildern mag ich es nicht, dass der Inhalt mit Design vermischt wird. Denn nur mit dieser Trennung bleibt das System langfristig flexibel.

 

Hast du Erfahrungen mit anderen Content Managment Systemen (CMS)?
Vor 2011 habe ich auch mit Wordpress, Typo3 und osCommerce Webseiten umgesetzt, aber mit Joomla! war ich immer am schnellsten am Ziel und langfristig am flexibelsten. Auch das Thema Barrierefreiheit hat mich damals schon beschäftigt und ich habe viele Webseiten mit Yaml und später JYaml als Template umgesetzt.

 

 

Ich weiß aus Vorträgen von JoomlaDays, dass dir „Just Joomla!“ sehr wichtig ist. Also Programmieren und Erstellen von Webseiten sehr nah am Joomla!-Core.
Was meinst du, was ist der Vorteil am Umgehen von Dritterweiterungen?

Ja, „Just Joomla!“ ist mir wirklich wichtig, man kann wirklich so vieles mit dem Core umsetzen, der große Vorteil ist, dass „große“ Updates (z.B. von 2.5 auf 3 und natürlich auch auf Joomla! 4) dann viel einfacher waren/sind. Auch kann man die Webseiten laufend einfacher aktualisieren, wenn weniger Erweiterungen verwendet werden. Jede Erweiterung vergrößert das Risiko, dass bei einem Update etwas nicht funktioniert.
Unsere Kundenprojekte sind daher jederzeit aktualisierbar.

 

Du lebst ja in der Nähe von Wien in Österreich. Wie sieht es da aktuell mit der Joomla!-Community aus?
Wie vorhin schon erwähnt, habe ich die JUG Wien mitgegründet und gleichzeitig haben wir damals auch begonnen, den ersten JoomlaDay Österreich 2015 zu organisieren. Dabei habe ich viele Menschen kennengelernt und wir haben auch viel Unterstützung aus der deutschen Community bekommen. Die JUG Wien hat sich bis zur Corona-Pandemie ca. alle 6 Wochen in Wien getroffen. Seither ist die JUG leider eingeschlafen. Ich bzw. wir hatten einfach nicht die Zeit und Energie letztes Jahr wieder etwas zu organisieren und Online-Treffen hatten wir schließlich genug.


JoomlaDay ist ein gutes Stichwort. Im Jahr 2021 fand zum zweiten Mal kein Präsenz-JoomlaDay statt. Corona ließ Treffen in der Community nicht zu. In diesem Jahr haben die Schweiz, Österreich und Deutschland einen gemeinsamen ONLINE-JoomlaDay organisiert. Was kannst du uns über die Schwierigkeiten bei der Vorbereitung, die Ausführung des Online-Events und die Reaktionen danach sagen?
Letztes Jahr haben wir uns als D-A-CH-Organisator*innen zusammengefunden und das Online-Event im September 2021 auf die Beine gestellt. Mir fehlen aktuell nicht so viele Inputs zu Joomla! 3, schon eher zu Joomla! 4, aber was wirklich absolut fehlt, ist das persönliche Zusammentreffen. Ich vermisse die Stunden am Vorabend vor dem JoomlaDay, die Pausengespräche und den Ausklang am letzten Abend.
Daher war es uns wichtig, ein Tool zu finden, in dem diese Zeiten des persönlichen Austauschs auch möglich sind. Wir haben Neues ausprobiert und ich finde mit „workadventure“ ein großartiges Tool gefunden zu haben.
Die Reaktionen waren fast ausschließlich positiv. Ansonsten war die Organisation nicht sehr viel anders als bei einem „echten“ JoomlaDay, ein paar Punkte wie Konferenztaschen und Roll-Ups sind natürlich weggefallen. Dafür mussten wir mit den Sprechern das Streaming vorher ausprobieren, weil mit „workadventure“ die Video-Aufzeichnungen anders gemacht wurden.


Soweit man in der aktuellen Pandemielage überhaupt was dazu sagen kann, wie sieht denn die Planung JoomlaDay für das Jahr 2022 aus?
Der Plan ist ein JoomlaDay im September in Bad Hersfeld (D), der wieder gemeinsam als D-A-CH-Event organisiert wird – live vor Ort, ohne parallele Online-Veranstaltung – wir wollen ein reales Treffen sofern dies irgendwie möglich ist. Aktuell würde ich sagen, wir haben gute Chancen, aber versprechen können wir auch noch nichts. Die Website ist seit kurzem unter https://dach.joomladay.org online!


Themenwechsel, die neueste Major Version Joomla! 4 ist vor etwa einem halben Jahr erschienen. Hast du daran auch mitgearbeitet?
Seit mehr als einem Jahr bin ich Joomla! CMS Release Team Lead (https://volunteers.joomla.org/teams/cms-release-team). Hier habe ich hauptsächlich organisatorische Aufgaben, d.h. ich programmiere nicht, bin auch auf Github nicht aktiv (nur passiv lesend), aber ein Teil unseres Teams testet die neuen und noch nicht veröffentlichten Joomla!-Versionen in komplexen Testumgebungen. Der andere Teil des Teams sind die Release Leads.

Jeder „Pull Request“ (= PR auf Github = Code-Änderung, also Fehlerbehebungen und/oder neue Funktionen) muss von zwei Personen erfolgreich getestet werden, damit der Code in Joomla! übernommen wird. Diese Tests umfassen immer nur den kleinen Joomla!-Ausschnitt eben diese einzelnen PRs. Es gibt auch automatische Testroutinen, aber diese testen immer in „leeren“ Joomla!-Installationen.

Wir im Release-Team testen dann die kompletten Releases (also viele dieser PRs) in Kopien von echten Joomla!-Installationen. D.h, ich habe mit ein paar Kund*innen eine Vereinbarung, dass ich ihre Website kopieren und zum lokalen Testen der neuen Versionen verwenden darf. Somit habe ich an Joomla! 4 nur im Hintergrund mitgearbeitet.


Was ist aus deiner Sicht das Beste in der neuen Joomla! 4 Version?
Im Februar 2022 ist ja auch schon Joomla! 4.1 erschienen, wieder mit neuen Funktionen, aber was ich wirklich gut finde ist, dass Updates recht problemlos funktionieren, natürlich sofern das Template und die Erweiterungen für Joomla! 4 vorbereitet sind.

Ansonsten finde ich noch sehr gut, dass die Ladezeit viel besser ist und die Funktionen zur Unterstützung der Barrierefreiheit.

Für das Projekt Joomla! finde ich es sehr gut, dass wir jetzt einen relativ kurzen Release Cycle haben, d.h. alle 6 Monate gibt es eine neue Minor Version, also 4.x, soeben ist 4.1 erschienen und im August kommt 4.2. Mit diesen Minor-Versionen kommen neue Funktionen in den Core und mit der nächsten Major Version 5 kann Joomla! gewährleisten, dass wir auf Änderungen z.B. von PHP-Versionen oder anderen Frameworks reagieren können und somit nicht jahrelang alte Versionen wie z.B. Bootstrap 2 unterstützen müssen.


Joomla! 3 ist ja noch nicht abgeschrieben, aktuell kommen noch Sicherheitsupdates in der letzten 3.10. Version. Was passiert mit Joomla! 3.10. und wann sollte ich umsteigen? Kannst du das kurz beantworten?
Joomla! 3.10 wird bis August 2022 alle 6 Wochen im normalen Release Cycle mit Bug-Fixes und Sicherheitsupdates versorgt, aber August 2022 bis August 2023 dann nur mehr mit Sicherheitsupdates, sofern es welche gibt.

Das heißt neue Projekte starte ich jetzt nur noch mit Joomla! 4, schon seit Herbst eigentlich. Bei laufenden Webseiten habe ich schon einige Projekte auf Joomla! 4 aktualisiert, aber bei weitem noch nicht alle. Hier hat man noch bis nächstes Jahr Zeit. Ich denke, dass ich spätestens bis zum Sommer mit allen Kund*innen eine Vereinbarung haben werde, wann wir updaten und idealerweise sind dann bis Jahresende 2022 auch alle meine Kundenprojekte auf Joomla! 4.

Es bietet sich an, vor dem Umstieg auf Joomla! 4 mit den Kund*innen die neuen Funktionen zu besprechen und auch dies als Optimierung der Website zu sehen. Mit Joomla! 4 gibt es nun einen Barrierefreiheits-Check für Redakteur*innen, hier bietet sich eine kurze Schulung an.

Die E-Mail-Templates können nun angepasst werden, auch hier lohnt sich ein Blick und möglicherweise
- mehr Branding-Möglichkeit als Joomla!-Agentur (Update-Infos mit Logo und eigenen Farben)
- und z.B. bessere Passwort-Vergessen-E-Mails für Kund*innen.


Du bist nach Christiane Maier-Stadtherr und Viviana Menzel erst die dritte Frau, die wir hier vorstellen. Was denkst du über Frauen in der IT?
Leider gibt es viel zu wenig Frauen in der IT. Mein Anliegen ist es Mädchen und junge Frauen, die vor der Berufswahl stehen, die Angst vor der Technik zu nehmen. Oft ist es auch das Umfeld, das die Bedenken auf die jungen Frauen überträgt. Dabei bietet die IT vielfältige Möglichkeiten, gute Bezahlung und einfaches Remote-Arbeiten.

Netzwerke sind hier wichtig und gerade in der Joomla! Community finde ich es sehr fein, dass es hier eine große Vielfalt gibt und neue Gesichter freundlich aufgenommen werden.


Kurz und knapp: Hast du mehr Frauen oder Männer bei deiner Kundschaft?

Ich habe keine Statistik, aber gefühlt sind es etwas mehr Frauen als Männer.


Was machst du abseits vom Büro? Was sind deine Hobbys in deiner Freizeit?

Ich verbringe gerne Zeit mit meiner Familie und unseren Katzen, ich koche gerne und lese gerne - auch Fachbücher. Bei mir zu Hause bin ich auch für alles Handwerkliche zuständig. Mein Opa hatte eine Werkstatt im Keller und wir haben als Kinder dort schon selbst Fahrräder zusammengebaut und repariert. Vor zwei Jahren habe ich selbst eine Video-Arkade-Box gebaut. Wir können jetzt Pacman, BubbleBubble und andere alte Videospiele spielen

 

 

 

Vielen Dank für das Interview!
Sehr gerne - vielen Dank

 

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